Bericht über unseren Arbeitsbesuch in Mombasa im August/September 2009 – Teil 3 (Live aus Mombasa)

Aber nach fünf Tagen haben wir endlich Wasser und unser Bau geht zügig voran. Nach dem Einbringen der Fundamente ist der Grundriss der Schule- sechs Wochen seit unserem Arbeitsstart hier- erstmals zu sehen. Wir liegen sozusagen im Plan und das will für Kenya allerhand heißen.

Die letzten Worte sind kaum geschrieben, da tauchen neue Probleme auf: Unsere Wasserleitung gibt kein Wasser. Der Druck reicht offenbar nicht aus, um das Wasser bis Utange/ Bombo zu bringen. Zwei Tage Stillstand am Bau und es sieht plötzlich alles nicht mehr so rosig aus. Ein zweites Problem verdoppelt die Ausfallzeit weiter. Die links im Gebäude geplanten Toiletten sollen direkt über der Grube angeordnet werden. Der Kostenzwang ließ uns gar keine andere Wahl als die afrikanische „Plumsklo“- Variante. Aber nach vier Tagen Schachten kommt nach relativ lockerem Boden Lehm so hart wie Beton. Hier kann das Wasser der sechs Toiletten niemals abfließen. Natürlich hätten wir nach europäischen Muster eine Entsorgung (drei- Kammer- System u.ä.) planen können, aber Bengo finanziert nur afrikanischen Standard. Kann das Wasser aber nicht weg, wird es mittelfristig das Mauerwerk angreifen; Bauschäden sind dann die Folge. Wir brauchen einen tieferen Brunnen, in den wir unsere Toiletten abführen können. Das wird ein Job für die Eltern, die ihren Eigenanteil noch bringen müssen, na mal sehen, ob das klappt!

„Schwarze sind faul“, wer mir das noch mal sagt, schmeißt mich gleich mit in den Topf. Am Tag bin ich ca. drei Stunden auf der Baustelle, nur um zu kontrollieren, danach bin ich völlig ausgelaugt. Unsere Bauleute arbeiten sieben Tage die Woche zehn Stunden mit Pausen bei 40 °C in praller Sonne. Unseren Grubenarbeitern (für die Toiletten) läuft der Schweiß in Strömen herunter. Der Lehmboden ist knochenhart. Aber jeder Arbeiter wird nach Leistung bezahlt. Ein Maurer als Beispiel muss 160 Steine (30*20*20)pro Tag setzen, Mischung und Transport per Hand inklusive. Ich habe mal Maurer mit Abi gelernt. Um nichts in der Welt möchte ich mit einem Maurer hier tauschen. Mir läuft schon beim Schreiben dieser Zeilen der Schweiß herunter.
Heute am Sonntag, dem 20.9.2009, endet für alle Muslime der Ramadan, die Fastenzeit. Der Koran, die heilige Schrift der Mohammedaner, schreibt den 9. Monat des muslimischen Mondjahres (354 Tage) als Ramadan, als 30-tägigen Fastenmonat vor. Als Mondmonat wandert Ramadan (lailat al-qadr – Nacht der Macht) durch alle Jahreszeiten. Ramadan wird ausgerufen, wenn die Mondsichel nach Neumond erstmals wieder mit bloßem Auge sichtbar ist. In der 27. Nacht des Monats Ramadan soll Mohammed (570-632), der Begründer des Islam, seine erste Offenbarung durch den Engel Gabriel empfangen haben. (2009 ist das vom 21. August – 19. September) Die Moslems hier in Kenya halten sich strikt an das Fasten, erst nach Sonnenuntergang wird gegessen und getrunken. Für Kleinkinder gilt das natürlich nicht. Aber in Kenya findet man auch kaum Christen die Alkohol trinken. (95% lehnen das kategorisch ab!) Da hätte unsere Bier- und Spirituosenindustrie echte Probleme, wenn das in Deutschland Einzug halten würde. Das größte Volksfest der Welt, das Oktoberfest in München, wäre dann nur Geschichte. Na ja, zum Glück ist es noch nicht soweit, dass wir von Afrika lernen müssen.

Der Weg zur unserem Grundstück war bisher eher etwas für Geländewagen, doch als ich heute zum Grundstück fuhr, traute ich meinen Augen nicht. Der Weg war plötzlich glatt geschoben und verbreitert worden. Die Stadtverwaltung hat dies veranlasst. Das ist ungefähr so sensationell, als hätte die Stadtverwaltung Altenburg plötzlich genug Geld für ein neues Hallenbad oder wir haben heimliche Sympathisanten, denn diese „Straße“ säumen nur wenige strohgedeckte Hütten und es besteht für afrikanische Verhältnisse absolut kein Grund für diese Maßnahme.
Der Weg vom Gesetz bis zur Umsetzung scheint in Kenia besonders lang. Seit 2001 ist das Schlagen von Kindern an Schulen verboten, aber nach wie vor ist das tägliche Praxis. Wenn wir uns jetzt bereits nach Lehrern für unsere neue Schule umsehen, wollen wir dieses Problem natürlich gleich mit ausmerzen. Und damit beginnt unsere aktive Beeinflussung des pädagogischen Prozesses. Während wir uns bisher aus diesen „landestypischen“ Besonderheiten des Unterrichtens herausgehalten haben, wollen wir zumindest das ändern, was der kenianische Staat selbst schon als falsch erkannt und mit Gesetzen unterlegt hat.

Am Abend hat Elimo ya Kenya zur Elternversammlung eingeladen, um einen größeren Arbeitseinsatz zur Ableistung des Eigenanteils vorzubereiten. Über fünfzig Eltern haben ihre Hilfe angeboten. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, unseren Partnerverein Schritt für Schritt besser einzubeziehen.
Im Anschluss an die Elternversammlung genehmige ich mir noch ein Bier und höre und sehe im Kenya TV Folgendes: Die amerikanische Regierung hat für über zehn Minister, welche die schon schlimme Korruption noch toppten, ein Einreiseverbot ausgesprochen. Das kann ich nur unterstützen und einmal mehr in Zweifel ziehen, dass Kenya der richtige Platz zur Verurteilung der somalischen Piraten ist. In letzter Zeit bauen auffallend viele Somalis in Kenia Häuser und es fließt jede Menge Kapital ins Land. Jeder kann sich seinen Reim darauf selbst machen. Die EU wird sich schon etwas gedacht haben und einige kenianische Richter fahren in Zukunft sicherlich Mercedes.

Am Freitag, dem 25.9., sind über 50 Eltern zum Arbeitseinsatz angetreten. In Bongo staunt man nicht schlecht, was unser Projekt so alles bewegt. Die Eltern bauen eine Trasse für das Regenwasser, damit dieses unser Bauwerk nicht angreift. In der Regenzeit sind diese Wassermassen ein gefährlicher Feind für alle Gebäude in Mombasa. Während wir über zuviel Regen nachdenken, sterben im Inland Weidevieh und viele Wildtiere in den Parks wegen Wassermangel. Einige Parks müssen schließen, weil zu viele Nilpferde verendet sind und der Gestank mörderisch ist. Das größere Problem ist aber das Weidevieh, weil damit die Existenz vieler Bauern zerstört ist. Die Regierung hat das Problem viel zu spät erkannt und hilft nur unzureichend.
Nächste Woche beginnen wir mit dem Dach und dann gehe ich erstmal zurück nach Deutschland, dann steht der Bau für eine Weile still. Jenny, eine Studentin aus Gera, ist dann noch hier; sie wird an der Marvel School Kinder unseres Projektes betreuen.

Gunter Nehrig

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